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Kein Baustopp für Windräder am Rohrenkopf bei Schopfheim

Datum: 12.02.2016

Kurzbeschreibung: PM 12.02.2016

Das Verwaltungsgericht hat einen Antrag von Anwohnern auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Genehmigung eines Windenergieparks am Rohrenkopf bei Schopfheim-Gersbach abgelehnt (Beschluss vom 5.2.2016 - 4 K 2679/15). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und Betrieb der insgesamt fünf Windkraftanlagen mit jeweils 3000 kW Leistung, 149 m Nabenhöhe und 115 m Rotordurchmesser hatte das Landratsamt Lörrach der Bürgerwind-EntwicklungsGmbH erteilt und für sofort vollziehbar erklärt. Die Antragsteller, deren Wohnhaus sich 1073 m entfernt von der nächstgelegenen geplanten Windkraftanlage befindet, hatten demgegenüber nicht nur ihre Beeinträchtigung durch die Immissionen der Anlagen gerügt, sondern, hauptsächlich bezogen auf den Schutz des Rotmilans, vor allem die Fehlerhaftigkeit der artenschutzrechtlichen Prüfung und der standortbezogenen Vorprüfung der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) geltend gemacht.

Das Gericht führte zur Begründung seines vierzig Seiten umfassenden  Beschlusses im Wesentlichen aus: Die Antragsteller seien antragsbefugt, da sie als Eigentümer eines noch im möglichen Einwirkungsbereich der Windkraftanlagen gelegenen Wohnhauses durch diese in ihren eigenen individuellen Rechten beeinträchtigt sein könnten. Ihr mithin zulässiger Antrag sei aber in der Sache unbegründet:

Eine Verletzung ihrer Rechte  durch umzumutbare Geräusch-, Blinklicht- und Schattenwurfimmissionen der über 1000 m entfernt und noch dazu in nördlicher Richtung gelegenen Anlagen sei aller Voraussicht nach ebenso wenig feststellbar, wie eine optisch-erdrückende Wirkung der 206 m hohen Windräder.

Nicht geltend machen könnten die Antragsteller Belange der Allgemeinheit. Für die gerichtliche Entscheidung unerheblich seien daher ihre Rügen, wonach der Windenergiepark nicht effizient sei, das Landschaftsbild und den Tourismus beeinträchtige, die Gefahr des Einbruchs ehemaliger Bergbaustollen verursache, sowie den Flughafenbetrieb in Basel/Mulhouse und denkmalschutzrechtlich bedeutsame historische Glaswüstungen beeinträchtige, seien unerheblich, da sie nur öffentliche Belange, nicht aber eigene individuelle Rechte beträfen. Auch auf eine Fehlerhaftigkeit der allein öffentlichen Interessen dienenden artenschutzrechtlichen Prüfung könnten sich die Antragsteller von vornherein nicht berufen.

Auf die Verstöße gegen die Verfahrensvorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung könnten sich die Antragsteller allerdings ungeachtet dessen berufen, dass diese Vorschriften nur öffentlichen Interessen und nicht dem Schutz ihrer individuellen Rechte dienten. Insoweit erweitere nämlich das Umweltrechtsbehelfsgesetz und EU-Recht den Rechtsschutz. Danach sei im Rahmen eines zulässigen Rechtsschutzverfahrens eines antragsbefugten Nachbarn eine Genehmigung auch dann gerichtlich aufzuheben, wenn eine UVP-Prüfung unterblieben oder fehlerhaft durchgeführt worden sei.

Ein solcher Fehler liege hier aber nicht vor. Im vorliegenden Fall unterliege der Windenergiepark aufgrund seiner geringen Größe von lediglich fünf Windkraftanlagen nicht einer allgemeinen, sondern lediglich einer so genannten standortbezogenen Vorprüfung, nämlich einer Prüfung, ob überhaupt eine UVP-Prüfung erforderlich ist. Diese Vorprüfung, die hier zum Ergebnis der Entbehrlichkeit einer UVP-Prüfung gelangte, sei plausibel, enthalte keine Ermittlungsfehler und liege im Rahmen zulässiger Einschätzungen der zuständigen Behörde. Eine zur Aufhebung der Vorprüfungsentscheidung führende Fehlerhaftigkeit ergebe sich auch nicht aus einer von den Antragstellern gerügten unzureichenden Berücksichtigung des Rotmilans. Bei einer standortbezogenen Vorprüfung seien nur Beeinträchtigungen von Umweltbelangen relevant, die im Rahmen der spezifischen ökologischen Schutzzwecke der in dem Gebiet vorhandenen Schutzgebietsausweisungen lägen. Solche Belange seien hier nicht beeinträchtigt. Das dem geplanten Windenergiepark am nächsten gelegenen Vogelschutzgebiet sei nämlich 2 km entfernt, so dass die Windkraftanlage wohl kaum Flugrouten dorthin unterbrechen oder behindern werde. Zudem habe das Schutzgebiet den Rotmilan schon gar nicht in seine Schutzzweckbeschreibung aufgenommen, sondern nur den Schwarzmilan. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rohrenkopf als „faktisches Vogelschutzgebiet“ angesehen werden müsse, etwa weil er einen ähnlich sensitiven Lebensraum wie das Schutzgebiet  umfasse.

Die Vorprüfung sei schließlich auch nicht wegen einer von den Antragstellern gerügten unzureichenden Berücksichtigung des Auerhuhns fehlerhaft. Für dessen Vorkommen im Untersuchungsgebiet gebe es keine Nachweise. Die behaupteten auch die Antragsteller nicht. Selbst bei den Brutvogelkartierungen 2013/14 habe es nicht nachgewiesen werden können. Die nächsten Sichtungen hätten ca. vier bis fünf Kilometer vom geplanten Windparkstandort stattgefunden und das nächste potentiell für Auerhühner geeignete Gebiet liege 1,5 km von diesem Standort entfernt.

Binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses können die Antragsteller Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.

Es sind noch weitere fünf Antragsverfahren bezüglich des Windenergieparks anhängig, über die das Gericht in Kürze entscheiden wird.

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