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Stadt Freiburg hat Anspruch auf Genehmigung der Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der Holzschlägermatte

Datum: 04.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 07.07.2005

Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts hat das Land Baden-Württemberg - Regierungspräsidium Freiburg - mit Urteil vom 24.6.2004 - 9 K 1332/03 - verpflichtet, die Genehmigung für die am 21. Januar 2003 beschlossene 51. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Freiburg auch für den Bereich „Holzschlägermatte“ zu erteilen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Standort Holzschlägermatte liegt im Einzugsbereich der Verordnung des Regierungspräsidiums Freiburg über das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Schauinsland“. In der Sitzung des Gemeinderats der Stadt Feiburg vom 21. Januar 2003 wurde die 51. Änderung des Flächennutzungsplans zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergieanlagen mit den Standortbereichen „Rosskopf“ und „Holzschlägermatte“ beschlossen. Die maximale Höhe der baulichen Anlagen wurde  auf eine Nabenhöhe von 98 m und eine Gesamthöhe der baulichen Anlagen von 133 m begrenzt. Mit Bescheid vom 23. Juni 2003 genehmigte das Regierungspräsidium Freiburg die vom Gemeinderat der Stadt Freiburg beschlossene Änderung des Flächennutzungsplans mit Ausnahme des Bereichs Holschlägermatte. Gleichzeitig wurde die Genehmigung für den Bereich Holzschlägermatte versagt. Am 23. Juli 2003 hat die Stadt Freiburg Klage erhoben.

Das Gericht hat sich maßgeblich auf folgende Erwägungen gestützt:
Zwar steht die Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergieanlagen im Bereich „Holzschlägermatte“ zu den Verboten der Landschaftsschutzverordnung in Widerspruch, wonach u.a. alle Handlungen verboten sind, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen. Insbesondere sind Handlungen verboten, durch die das Landschaftsbild nachhaltig geändert oder der Naturgenuss oder besondere Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt wird. Dass dies durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Bereich der Holzschlägermatte der Fall wäre, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Ist wie hier die Ausweisung von Vorrangflächen für Windkraftanlagen mit den Verboten der Landschaftsschutzverordnung nicht vereinbar, ist der Flächennutzungsplan aber erst dann unwirksam, wenn sich die entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen als dauerhaftes rechtliches Hindernis erweisen. In einem solchen Fall besteht ein inhaltlicher Widerspruch zwischen dem Flächennutzungsplan und der Landschaftsschutzverordnung, der die Versagung der Genehmigung des Flächennutzungsplans rechtfertigt. Nicht versagt werden darf die Genehmigung für die Änderung des Flächennutzungsplans indes dann, wenn für die geplante Nutzung mit Windkraftanlagen die Erteilung einer Befreiung von den entgegenstehenden Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung rechtlich möglich ist, weil dann objektiv eine Befreiungslage gegeben ist. Voraussetzung für die Erteilung einer Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung ist, dass in einem Einzelfall überwiegende öffentliche Belange die Befreiung erfordern (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 des Landesnaturschutzgesetzes).

Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Ausweisung einer Vorrangfläche für zwei Windkraftanlagen im Bereich der Holzschlägermatte die Landschaftsschutzgebietsverordnung insgesamt oder auch nur in einem Teilbereich funktionslos werden könnte. Hierfür ist ausschlaggebend, dass maximal zwei Windkraftanlagen vorgesehen sind, sich die fragliche Fläche im Randbereich des Landschaftsschutzgebietes befindet und die durch entsprechende Baumaßnahmen in Anspruch genommene Fläche - wie sich aus dem durchgeführten Baugenehmigungsverfahren für Windkraftanlagen ergibt - ca. 0,8 ha der Gesamtfläche von rund 5465 ha betrifft.

Weiter nimmt die 9. Kammer des Gerichts auf eine naturschutzrechtliche Entscheidung der Stadt Freiburg als untere Naturschutzbehörde vom 20. Januar 2003 bezüglich des Bauantrags auf Errichtung von zwei Windkraftanlagen im Bereich der Holzschlägermatte Bezug. Darin wird ausgeführt, überwiegende öffentliche Belange lägen in der verstärkten Nutzung regenerativer Energien, weil dadurch umweltfreundliche, naturverträgliche Energieträger ohne Inanspruchnahme fossiler Ressourcen in Anspruch genommen werden könnten und hierdurch ein wesentlicher Beitrag zum globalen Klimaschutz und einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Energiesicherung geleistet werden könne. Die besondere Bedeutung regenerativer Energiequellen manifestiere sich in der Bundesgesetzgebung mit dem „Erneuerbare Energiegesetz“. Dessen Ziel sei es, eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien zur Stromversorgung zu erhöhen, um entsprechend den Zielen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln. Auch nach dem Maßnahmeplan des Umweltplanes Baden-Württemberg sei die Wasser- und Windkraftnutzung auszubauen. Überwiegende öffentliche Belange lägen auch in der Ermöglichung der Umsetzung des von der Stadt Freiburg verfolgten Energieversorgungs- und Klimaschutzkonzepts.

Nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass auch das Regierungspräsidium selbst grundsätzlich eine Befreiungslage für Windkraftanlagen an der „Holzschlägermatte“ angenommen hat und hiervon erst abgerückt ist, als die Ausweisung der vorgesehenen Windkraftanlagen bezüglich der Nabenhöhe von 60 auf 98 m erhöht wurde. Zur Begründung hat es insoweit ausschließlich auf eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch die neue Höhe abgehoben. Dies könne jedoch das Verneinen einer Befreiungslage nicht rechtfertigen. Denn in diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass es keinen wesentlichen Unterschied machen kann, ob die Windkraftanlagen mit einer Höhe von 98 oder 133 m in Erscheinung treten. Berücksichtigt man schließlich, dass der Standort „Holzschlägermatte“ gewählt wurde, um andere, viel empfindlichere Standorte auszuschließen, so ist eine Befreiung aufgrund überwiegender öffentlicher Belange möglich, da dem gesteuerten Ausbau regenerativer Energien größere Bedeutung zukommt, als dem Interesse an einer Aufrechterhaltung des Landschaftsschutzes in einem - im Verhältnis zur Gesamtgröße des Schutzgebietes - sehr kleinen und am Rand gelegenen Bereich.

Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes liegt nicht vor. Voraussetzung wäre, dass die Errichtung von zwei Windkraftanlagen an dem vorgesehenen Ort die Landschaft grob unangemessen verunstaltet. Insoweit kann icht unberücksichtigt bleiben, dass im fraglichen Bereich eine ebenfalls von vielen Standpunkten aus einsehbare Vorbelastung des Landschaftsbildes durch die Schauinslandbahn, die Landesstraße, ein Gasthaus mit großem Parkplatz sowie die Zuschauertribüne der ehemaligen Rennstrecke gegeben ist, was zu einer niedrigeren Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes im dortigen Bereich führt.

Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Baugenehmigung für die Windkraftanlagen auf der Holzschlägermatte hatte die 9. Kammer in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Diese Frage ist Gegenstand eines vor der 4. Kammer des Gerichts anhängigen anderen Verfahrens, dessen Terminierung derzeit noch nicht absehbar ist.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Land kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim beantragen.

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