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Verwaltungsgericht weist Eilantrag von Nachbarn gegen Kontaktladen für Drogenabhängige in der Freiburger Innenstadt ab

Datum: 03.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 16.04.2003

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mehrerer Nachbarn gegen die Baugenehmigung für einen Kontaktladen für Drogenabhängige in der Rosastraße in Freiburg mit Beschluss vom 11. April 2003 (4 K 328/03) abgelehnt. Das Gericht hat sich im Wesentlichen auf folgende Gründe gestützt:

Die Anträge der Antragsteller, die darauf gerichtet sind, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung zur Einrichtung eines Kontaktladens für Drogenabhängige auf einem Grundstück in der Rosastr. in Freiburg, anzuordnen, sind nicht begründet. Denn es spricht Überwiegendes dafür, dass die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind, und ihr Widerspruch und eine daran sich möglicherweise anschließende Klage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird.

Die Eigenart der näheren Umgebung des Bauvorhabens entspricht wohl zumindest einem Mischgebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung. Keinesfalls kann der Auffassung der Antragsteller gefolgt werden, sie entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Neben einer größeren Anzahl von Nutzungen für freiberufliche Tätigkeiten ist die nähere Umgebung vor allem von einer durchmischten Gewerbe- und Wohnnutzung, wie dies für ein Mischgebiet charakteristisch ist, geprägt. So befinden sich in dem Gebiet der Rosa-, Post- und Colombistraße Wohnungen und Gewerbebetriebe verschiedenster Art.

Der Kontaktladen für Drogenabhängige ist als Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke nach der Baunutzungsverordnung in einem Mischgebiet allgemein zulässig. Zu diesem Kreis der Gemeinbedarfsanlagen zählt auch eine Einrichtung der Drogenhilfe, die der Betreuung von Suchtkranken dient und zugleich dazu bestimmt ist, die offene Drogenszene und deren Begleiterscheinungen kontrolliert einzudämmen.

Die Unzulässigkeit der geplanten Nutzung ergibt sich auch nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme. Zunächst ist die tatsächliche Situation in der Rosa-, Post- und Colombistraße zu berücksichtigen. Dabei ist vor allem der Umstand anzuführen, dass eine erhebliche Vorbelastung des Gebiets besteht. Denn bereits zum jetzigen Zeitpunkt halten sich im Colombipark und damit quasi gegenüber dem geplanten Standort des Kontaktladens eine große Anzahl von Drogenabhängigen auf, wobei dort auch mit Drogen gehandelt wird. Außerdem befindet sich das Gebiet in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes und damit in der Nähe des Ortes, der seit jeher einen der Hauptumschlagplätze für Drogenhandel und auch einen der Hauptaufenthaltsorte der Drogenabhängigen (auch Alkoholabhängigen) darstellt(e). Insoweit ist die in diesem Gebiet bestehende Wohnnutzung durch die Nähe der üblichen Aufenthaltsorte der Drogenabhängigen mitgeprägt, weshalb es den Anwohnern zugemutet werden kann, eine solche soziale Hilfeeinrichtung hinzunehmen.

Es liegt auch im öffentlichen Interesse, einen Drogenkontaktladen an diesem Ort zu errichten, denn nur dann ist eine effektive Arbeit einer solchen Einrichtung gewährleistet, da sie von den Drogenabhängigen nur dann angenommen wird, wenn sie sich dort befindet, wo sich auch die Drogenabhängigen aufhalten. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass mit der Errichtung eines Drogenkontaktladens eine Verbesserung der Hygiene in dem gesamten Stadtteil zu erwarten ist, was wiederum im Interesse der Anwohner des maßgeblichen Gebietes und damit auch der Antragsteller liegt. Denn u.a. durch die Möglichkeit des Spritzenaustausches in dem Kontaktladen wird sich der Zustand, dass gebrauchte Spritzen auf Bürgersteigen, in Hauseingängen und  Parkanlagen zurückgelassen werden, voraussichtlich bessern.
Demgegenüber besteht zwar durchaus die Möglichkeit, dass durch die Errichtung eines Drogenkontaktladens weitere Drogenabhängige „angezogen“ werden könnten und es deshalb zu Menschenansammlungen vor dem Gebäude in der Rosastraße oder in deren unmittelbarer Umgebung kommen könnte, was wiederum zu Störungen und Belästigungen der Anwohner führen könnte. Auf der einen Seite ist insoweit aber zu berücksichtigen, dass der Kontaktladen viele Drogensüchtige, die sich sonst im öffentlichen Straßenraum bewegen würden, gerade von der Straße wegbringen wird und somit die Drogenszene in Freiburg unter Kontrolle gebracht werden kann. Auf der anderen Seite trägt auch das Betriebskonzept der Betreiberin dazu bei, solche von den Antragstellern befürchteten Störungen zu vermeiden. So beschränken sich die in dem Konzept festgesetzten

Öffnungszeiten des Kontaktladens überwiegend auf die Nachmittagsstunden, also auf die üblichen Geschäfts- und Bürozeiten von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Lediglich an einem Abend in der Woche soll der Kontaktladen bis 22.00 Uhr geöffnet bleiben. Der Kontaktladen ist äußerlich als solcher nicht erkennbar. Außerhalb des Kontaktladens befinden sich keine Vorrichtungen für den Spritzentausch. Im Rahmen des Mietvertrags und des Betriebskonzepts des Kontaktladens sind umfangreiche Maßnahmen ergriffen worden, um mögliche Beeinträchtigungen der Nachbarschaft von vornherein zu vermeiden. Durch Hausregeln wird die Ordnung im und vor dem Kontaktladen durch das Betreuungspersonal gewährleistet, insbesondere ist das Kontaktladen-Team für den unmittelbaren Bereich vor dem Anwesen und seiner Nachbarschaft verantwortlich. Verstöße der Besucher gegen die Regeln der Hausordnung werden mit einem Hausverbot sanktioniert. Die Betreiber des Kontaktladens sind außerdem verpflichtet, den um den Kontaktladen herum befindlichen Bereich mindestens einmal am Tag zu säubern, so dass Verunreinigungen und insbesondere weggeworfene Spritzen beseitigt werden.

Zwar ist das Betriebskonzept als solches nicht Bestandteil der Baugenehmigung. Sollten sich insoweit jedoch Probleme ergeben, wäre seitens der Antragsgegnerin zu prüfen, ob nicht die Baugenehmigung mit entsprechenden Auflagen zu versehen wäre, damit die Einhaltung des Betriebskonzeptes gewährleistet wird. Sollten sich Störungen durch Besucher des Kontaktladens ereignen oder Drogenabhängige vor dem Kontaktladen aufhalten, besteht außerdem die Möglichkeit, dies mit allgemeinen polizeilichen Befugnissen zu unterbinden. Mit der Polizei wurden insoweit auch Konzepte erarbeitet, nach denen der betroffene Bereich künftig stärkerer polizeilicher Kontrolle unterliegt.

Es spricht im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung deshalb Überwiegendes dafür, dass die Errichtung eines Drogenkontaktladens nicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Antragsteller können Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim erheben.

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