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Auflösung der Feuerwehr einer ehemaligen Gemeinde (Todtnau-Gschwend)?

Datum: 13.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 10.02.2005

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hat entschieden, dass die Stadt Todtnau aufgrund einer im Eingemeindungsvertrag des Jahres 1974 übernommenen Verpflichtung nach wie vor nicht berechtigt ist, die Freiwillige Feuerwehr im Ortsteil Gschwend als selbständige Abteilung aufzulösen (Urteil vom 2.2.2005 - 7 K 1212/04 -). Hierbei hat sich die Kammer maßgeblich auf folgende Erwägungen gestützt: 

Die Klage ist zulässig. Die ehemalige Gemeinde Gschwend ist fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Gemeinden sind trotz ihrer Auflösung befugt, Rechte in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen, die mit ihrem Untergang in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Diese Befugnis umfasst auch Streitigkeiten um Rechtsfolgen, die in dem Eingliederungsvertrag als Gegenleistung dafür vereinbart worden sind, dass die Gemeinde ihre Selbstständigkeit aufgibt .

Die Klage ist auch begründet. Die Stadt Todtnau ist aufgrund des Eingemeindungsvertrags verpflichtet, in Gschwend eine den dortigen Bedürfnissen entsprechende Feuerwehr als Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr zu unterhalten. Dieser Vertrag ist wirksam. Entgegen der Auffassung der Stadt obliegt auch im Falle einer vor 31 Jahren geschlossenen Eingemeindungsvereinbarung die Entscheidung über die Frage, ob die Beteiligten nach wie vor an eine Regelung des Vertrags gebunden sind, den Gerichten und nicht den betroffenen Gemeinden.

Die Stadt hat keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrags nach § 60 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes. Nach dieser Vorschrift kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen waren, seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Die Stadt behauptet insoweit lediglich, damals seien die finanzielle Ausstattung der Gemeinde günstiger und die technischen Anforderungen an Feuerwehren geringer gewesen, die Zuwendungsrichtlinien für die Förderung der Feuerwehren hätten sich geändert, sie selbst sei weit über das normale Maß hinaus verschuldet. Diesen pauschalen Behauptungen kann schon nicht entnommen werden, welche Verhältnisse sich seit 1974 wesentlich geändert haben sollen. Dementsprechend kann auch nicht festgestellt werden, dass eine Änderung eingetreten ist in Verhältnissen, die von den Vertragspartnern damals ausdrücklich oder stillschweigend zur gemeinsamen und wesentlichen Grundlage des Vertrags gemacht worden sind. Für die Beteiligten war im Übrigen schon 1974 klar, dass das Aufrechterhalten einzelner Feuerwehrabteilungen in den verschiedenen eingegliederten Ortschaften unwirtschaftlich ist und es aus ökonomischen Gründen sinnvoll wäre, einzelne Feuerwehrabteilungen in die Gesamtfeuerwehr einzugliedern. Gerade weil diese Sicht nahe lag und entsprechende Konsequenzen zu befürchten waren, hat sich die ehemalige Gemeinde Gschwend die Unterhaltung einer eigenen Feuerwehrabteilung zusichern lassen.
Unergiebig ist auch der Hinweis der Stadt Todtnau auf ihre wirtschaftliche Situation. Selbst wenn sich diese seit 1974 erheblich verschlechtert haben sollte, könnte sie mit diesem Argument nicht zum Erfolg kommen. Grundsätzlich hat ein Vertragspartner nicht mit seinen vertraglichen Ansprüchen für das Finanzgebaren des anderen einzustehen. Außerdem hat eine Kommune auch in Zeiten knappen Geldes zunächst ihren zwingenden, kraft Gesetzes oder Vertrages bestehenden Verpflichtungen nachzukommen.

Die Kammer verkennt nicht das legitime Anliegen der Stadt Todtnau, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Effizienz ihre Feuerwehr umzustrukturieren und auch Abteilungen aufzulösen. So sinnvoll und nachvollziehbar die entsprechenden Überlegungen auch sein mögen, beruhen sie nicht auf einer wesentlichen Änderung der bei Vertragsschluss maßgeblichen Umstände, sondern liegen im Rahmen der bei Vertragsschluss bewusst übernommenen Risiken. Ihrem Anliegen kann die Stadt daher nicht eigenmächtig, sondern nur im Einvernehmen mit der ehemaligen Gemeinde Gschwend nachkommen, da geschlossene Verträge grundsätzlich einzuhalten sind („pacta sunt servanda").

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim kann Berufung eingelegt werden.

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